Der von der SPD in den Landtag eingebrachte Gesetzentwurf wurde am 14.11.2018 , im NRW-Landtag sehr hitzig debattiert. Die gesamte Debatte kann man sich als Video anschauen.
Das Thema der Straßenbaubeiträge wird ab ca. 2h:12Min debattiert: Video , Dauer ca. 1Std.
Das Thema der Straßenbaubeiträge wird ab ca. 2h:12Min debattiert: Video , Dauer ca. 1Std.
Hier, im weiteren eine schriftliche Zusammenfassung von Lydia Schumacher aus Schleiden in der Eifel:
Die Debatte..........
Die
Worte des Fraktionschefs der SPD resümiere ich hier deshalb so
ausführlich, weil es aus Sicht der betroffenen Bürger nahezu die
einzigen wirklich positiven in dieser heutigen Debatte waren.
Christian Dahm begründete den Antrag seiner Fraktion zur Abschaffung
der Anliegerbeiträge mit dem Aufruhr in der Bevölkerung: unzählige
Briefe, Resolutionen, Petitionen würden mittlerweile genau das
fordern. Die vor zehn Tagen gestartete landesweite Volksinitiative
habe bereits 7.500 Unterschriften gesammelt. Er sei überzeugt, dass
das notwendige Quorum von 66.000 Stimmen schnell erreicht sein werde.
„Viele verbinden existenzielle Ängste mit dem Ausbau ihrer Straße.
Sie erhalten oft hohe Gebührenbescheide, die ein Vielfaches Ihres
Einkommens ausmachen. Das KAG nimmt keine Rücksicht auf die
finanzielle und wirtschaftliche Situation des Einzelnen.“ Er wies
darauf hin, dass in anderen Bundesländern (Berlin, Hamburg,
Baden-Württemberg und Bayern) keine Anliegerbeiträge erhoben werden
und dass in weiteren Länden auch bereits Volks-Initiativen gestartet
wurden. Die Zeit sei reif für eine neue Lösung in NRW. „Straßenbau
ist eine öffentliche Aufgabe. Wir lassen doch auch nicht Eltern die
Schulen, in die ihre Kinder gerade, bezahlen." In der Mehrzahl
der Fälle träfen die Rechnungen aus seiner Sicht die Familien, die
Kinder großziehen und die Raten abstottern. Oder Rentner, die Kinder
groß gezogen hätten, das Häuschen vielleicht gerade barrierefrei
umgebaut hätten und dafür dann noch einen Kredit aufnehmen müssten,
den sie aber oft nicht mehr bekämen. Die Ungerechtigkeit, dass
Kommunen zwischen 50 und 80 Prozent von Anliegern verlangten, komme
hinzu.
Lediglich Roger Beckamp (AfD) sprang der SPD zur Seite und lobte
das Vorhaben. Aufgefallen seien seiner Fraktion nur zwei
handwerkliche Fehler im Entwurf: Da fehle der genaue Stichtag, zu dem
die Beiträge entfallen sollen. Und die Frage, woher das Geld kommen
solle, sei unbeantwortet. Nach Beckamps Dafürhalten sei der Antrag
der SPD zudem nicht ganz bis zu Ende gedacht. Auch die Kosten für
die Erstherstellung solle künftig die Allgemeinheit tragen. Er
jedenfalls könne gar keinen Unterschied zur Wiederherstellung einer
Straße sehen. Das ist deshalb kritisch, weil der Erstausbau einer
Straße ein Grundstück ja tatsächlich wertvoller macht. Bei der
Sanierung einer Straße wurde das bislang nicht nachgewiesen, sondern
nur behauptet.
Die CDU-Fraktion und auch die zuständige Ministerin Ina
Scharrenbach lieferten sich lieber den Schlagabtausch mit der SPD,
statt konstruktiv zum Thema beizutragen. Ständig wies man auf den
eigenen Antrag aus dem Jahr 2013 zurück, in dem die CDU die
Einführung wiederkehrender Beiträge gefordert hatte, und der an der
SPD, damals Regierungspartei, gescheitert war. Das strich jeder der
CDU-Redner der SPD aufs Butterbrot. Bernhard Hoppe-Biermeyer,
kommunalpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag NRW,
unterstellte der SPD-Fraktion, sie wolle ihre Popularität erhöhen,
das sei die wahre Motivation für diesen Entwurf. Da fehle zudem
einiges an Inhalt. Zum Kostenausgleich sei nur zu lesen, dass dazu
ein weiteres Gesetz geschaffen werde. Und bei der Kostenrechnung
würden Zahlen von 112 bis 127 Millionen genannt, es sei aber nicht
ersichtlich, um welche Beträge es sich handele. Tatsächlich handelt
es sich dabei um Zahlen der eigenen Ministerin Scharrenbach: so hoch
waren laut ihrem Ministerium die Anliegerbeiträge, die jährlich in
den vergangenen fünf Jahren geleistet worden sind. Das sei gar nicht
die Summe, über die geredet werden müsste, vielmehr habe der
Städte- und Gemeindebund „von einer hohen dreistelligen Summe“
gesprochen. Hoppe-Biermeyer wollte von der SPD wissen, ob das Geld
„Kitas, Schulen oder dem Bereich Innere Sicherheit“ weggenommen
werden solle. Er verwies auf das Grundgesetz und sagte: „Eigentum
verpflichtet. Daran orientieren sich die Abgaben im
Kommunalabgabengesetz NRW.“
CDU-Fraktionschef Bodo Löttgen verglich den Antrag der SPD sogar
mit einer Forderung nach dem „Motto: Freibier für alle“ und warf
der Partei vor, sie wisse nicht, worüber sie reden würde. Ein Brief
vom Städte- und Gemeindebund sei eingegangen, worin Bürgermeister
darum bäten, dass es beim jetzigen Kommunalabgabengesetz bleiben
solle. Ob das daran liegt, dass sie befürchten, diese Gelder gingen
ihnen verloren, hat er allerdings nicht gesagt. Die Abschaffung der
Straßenausbaubeiträge ist wohl mit der CDU in NRW nicht zu machen.
Deren Ziel ist zwar auch „eine Regelung, die Bürger entlastet und
rechtsicher ist“. Aber darunter versteht sie etwas ganz anderes als
die Bürger. Die CDU spricht für die Zukunft über flexible
Zahlungsmodelle oder Rentenfall-Regelungen. Damit wähnt sie sich bei
konkreten Lösungsansätzen – ganz im Unterschied zur SPD, die aus
CDU-Sicht „der Komplexität“ des Themas nicht gerecht werde.
Ministerin Scharrenbach wies in ihrer Rede zunächst alle
Unterstellungen zurück, die von Seiten der SPD und des Bundes der
Steuerzahler gegenüber den Stadträten jüngst erhoben wurden, sie
ließen kommunale Straßen absichtlich verfallen, um dann die
Wiederherstellung bei den Anliegern abrechnen zu können. „Das wird
auch den Stadträten nicht gerecht“, sagte sie. Nicht ganz zu
Unrecht: es war ja die Gemeindeprüfungsanstalt (GPA), die den
Kommunal-Politikern über Jahre gepredigt hatte, sie sollten das Geld
für die Instandhaltung der Straßen sparen. Und jetzt es auch wieder
die GPA, die vorschlägt, den Beitrag für die Anlieger auf 80
Prozent zu heben. Und die GPA ist ihrem eigenen Ministerium
unterstellt. Vielmehr will man darüber im Fachausschuss diskutieren,
denn „wir wissen, dass es Unbill gibt im Zusammenhang“ mit den
Straßenausbaubeiträgen, so die Ministerin. Hört, hört! .
Henning Höne, der kommunalpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im
Landtag, forderte für seine Fraktion ebenfalls eine Modernisierung
des KAG, „die die Überforderung des Einzelnen“ künftig
ausschließen soll. Dazu gehöre die frühzeitige Bürgerbeteiligung,
der Rechtsanspruch auf Ratenzahlung, und die Senkung der Zinsen, die
jetzt mit sechs Prozent jährlich zu Buche schlagen. Förderprogramme
sollen künftig nicht mehr nur vom kommunalen Anteil abgezogen
werden, sondern vom Gesamtbetrag. Noch in diesem Jahr wolle seine
Partei Eckpunkte zur Gesetzesänderung vorlegen. Höne fragte die SPD
allen Ernstes, wer denn die stetig steigenden Tiefbaukosten künftig
stemmen solle, die binnen kürzester Zeit um 30 Prozent
hochgeschnellt sind. Darüber stehe im Gesetzentwurf auch kein Wort.
Ist doch schön, dass er daran gedacht hat. Denn die zahlen auch wir
Anlieger jetzt und in Zukunft, so lange sich an diesem Gesetz nichts
ändert.
Auch die Grünen sind nicht dabei, wenn die SPD die
Anliegerbeiträge abschaffen will. Mehrdad Mostofizadeh von Bündnis
90/Die Grünen, konkretisierte Hönes Forderung nach Transparenz: ein
„Info-Portal auf der Homepage jeder Gemeinde“ solle her, damit
jeder Bürger genau weiß, wann er an der Reihe ist. Ansonsten wolle
sich seine Partei zunächst mit der Materie auseinandersetzen, und
eine gerechtere Lösung suchen. Seine Aussage „es kann ja sein,
dass eine gerechte Lösung so kompliziert ist, dass wir auch zu dem
Ergebnis kommen, eine andere Lösung müsste her“ ließ aber nur
wenig Hoffnung.
Zum Ende der sehr lebhaften Debatte stand Stefan Kämmerling,
kommunalpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, am Rednerpult. Er
stellte sehr schön pointiert diese Frage: „Sind Ihre Abgeordneten
von der CDU jetzt alle nicht bei dieser Debatte anwesend, weil sie
draußen in den Gemeinden vor Ort genau das Gegenteil von dem
verkünden, was ihre Vertreter hier heute im Plenum sagen?“ Diesen
Eindruck, dass da eine Partei mit gespaltener Zunge spricht, konnte
man in den vergangenen Monaten tatsächlich gewinnen. Kämmerling
zitierte er aus dem Briefverkehr einer CDU-Abgeordneten mit einer
Bürgerin. Die Bürgerin hatte sich demnach aufgrund einer hohen
Rechnung ihrer Kommune für die Straßensanierung an sie gewandt. Die
Empfehlung der CDU-Abgeordneten: die betroffene Bürgerin solle um
Aufschub nachfragen, die CDU wolle gerade die Anliegerbeiträge
abschaffen. Das hatte der Landesverkehrsminister, Hendrick Wüst CDU,
jüngst anlässlich der Landesdelegiertenkonferenz der
Mittelstandsvereinigung der CDU in NRW genauso gefordert:
Anliegerbeiträge abschaffen und durch Landesmittel ersetzen. Dafür
hat er heute von jeder Partei im Landtag Schelte gehört – außer
von der eignen. Aber was heißt schon gehört? Er war genauso wenig
anwesend, wie all die anderen Mitglieder des Kabinetts. Nur Frau
Scharrenbach musste durchhalten.
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